DGB Sachsen - BILLIG KOMMT TEURER - Öffentliche Aufträge gesetzlich fair regeln!

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06.07.2022, Dresden

Neues sächsisches Vergabegesetz – Keine Steuergelder für Ausbeutung und Umweltverschmutzung

Neues sächsisches Vergabegesetz – Keine Steuergelder für Ausbeutung und Umweltverschmutzung

Am 06.07.2022 startet die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR die Kampagne „So Geht Fairgabe“ und fordert den Freistaat auf, Menschenrechte und Umweltschutz verpflichtend bei dem Einkauf der öffentlichen Hand zu berücksichtigen.

Eine Recherche der Allianz SACHSEN KAUFT FAIR belegt: Auch der Freistaat kauft bei Unternehmen, die Menschen- und Arbeitsrechte mit Füßen treten. So hat das sächsische Innenministerium in den Jahren 2019 und 2020 Dienstkleidung für die Polizei von der Firma SIOEN bezogen. Diese lässt, über eine Tochterfirma in Rumänien, Näherinnen für einen Lohn weit unter der nationalen Armutsgrenze in einer Fabrik arbeiten, die sich im Sommer so stark aufheizt, dass Arbeiterinnen ohnmächtig werden. Die Näherinnen verdienen einen Netto-Lohn von 282 Euro monatlich, wohingegen die nationale Armutsgrenze bei 448 Euro liegt. „Anstatt mit der eigenen Marktmacht Anbieter fair hergestellter Textilien zu unterstützen, belohnt der Freistaat mit seinem Einkaufsverhalten gewissenlose Ausbeutung“, betont Stefanie Licht, Koordinatorin der Allianz. Dr. Bettina Musiolek von der Kampagne für Saubere Kleidung erklärt: „Das Beispiel von SIOROM ist leider kein Einzelfall. Armutslöhne, entwürdigende Behandlung und schlechter Arbeitsschutz sind endemisch, sowohl in der rumänischen als auch generell in der globalen Textilindustrie.“

Daher fordert die Allianz SACHSEN KAUFT FAIR die Aufnahme verbindlicher ökologischer und sozialer Kriterien in das sächsische Vergabegesetz. „Ein so verändertes Gesetz wäre eine Selbstverpflichtung des Freistaates zu verantwortlichem Handeln und fairem Handel – und es hätte eine Vorbildwirkung für viele Menschen in Sachsen.“, betonen Landesbischof Tobias Bilz (Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens) und Bischof Heinrich Timmerevers (Bistum Dresden-Meißen).

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen, ergänzt: „Wenn der Staat einkauft, sollte er nicht nur den betriebswirtschaftlichen Anschaffungspreis, sondern auch Herstellungs-, Betriebs- und Entsorgungskosten sowie langfristige gesellschaftliche Kosten etwa infolge von Klimawandel oder Biodiversitätsverlusten mitdenken. Eine ressourcenschonende Beschaffung ist deshalb eigentlich schon durch den Begriff der Wirtschaftlichkeit im Vergaberecht geboten.“ Daher fordert die Allianz neben der Einhaltung der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und weiteren Sozialnormen unter anderem die Berücksichtigung von Lebenszykluskosten und die Anwendung repräsentativer Tarifverträge.

„Für über eine Milliarde Euro jährlich kaufen der Freistaat und die Kommunen ein. Durch ein wirkungsvolles Vergabegesetz können unter fairen Bedingungen hergestellte und umweltschonende Produkte beschafft werden. Dieses Instrument gilt es jetzt endlich in Sachsen einzusetzen, um die Nachhaltigkeitsziele global, aber auch ganz konkret hier vor Ort zu erreichen“, erklärt Markus Schlimbach, Vorsitzender des DGB Bezirk Sachsen.

Auf globaler und nationaler Ebene ist diese Erkenntnis längst angekommen, was sowohl die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft, Menschenrechte und die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte sowie das Lieferkettengesetz zeigen. Zwar betont die sächsische Regierung sowohl in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie als auch ihrem Energie- und Klimaprogramm 2021 die Notwendigkeit einer nachhaltigen Beschaffung – aber passiert ist bisher nichts. Ein Vergleich der verschiedenen Bundesländer zeigt sogar: Sachsen ist trauriges Schlusslicht bei der Verankerung von Nachhaltigkeitsaspekten in seinen vergaberechtlichen Regelungen. Mit der Novellierung des Vergabegesetzes ist es Zeit, dies zu ändern. Das Land Sachsen muss endlich Verantwortung für seinen Einkauf übernehmen.

Hintergrundinformationen:

Die Initiative SACHSEN KAUFT FAIR wird getragen vom Entwicklungspolitischen Netzwerk Sachsen e.V., dem DGB – Bezirk Sachsen, dem BUND Sachsen, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und dem Bistum Dresden-Meißen.

Forderungen SACHSEN KAUFT FAIR: sachsen-kauft-fair.de/forderungen
Kampagne „So geht Fairgabe“ und Hintergrundinformationen zur Recherche bei SIOROM: https://sachsen-kauft-fair.de/fairgabe/wie-der-freistaat-sachsen-ausbeuterische-arbeitsstandards-unterstuetzt/
Weitere Fallbeispiele von Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Produktionsketten: lieferkettengesetz.de/fallbeispiele/ oder https://saubere-kleidung.de/aktuelles/
Analyse der rumänischen Textilindustrie: https://saubere-kleidung.de/2019/12/made-in-europe-ccc-stellt-drei-neue-laenderprofile-vor/
Zur Gesetzgebung auf supranationaler Ebene: UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, EU-Richtlinien zur öffentlichen Beschaffung 2014
Zur Gesetzgebung auf Bundesebene: Nationaler Aktionsplan Umsetzung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, Nachhaltigkeit konkret im Verwaltungshandeln umsetzen - Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit
Zum Vergleich der Gesetzgebungen der Länder: agl-Dokumente Nr. 29: Sozialstandards und Menschenrechte in der öffentlichen Beschaffung: https://agl-einewelt.de/publikation/agl-dokumente-29-synopse/
Zum Richtwert für einen europäischen Basis-Existenzlohn: https://saubere-kleidung.de/2021/04/existenzlohn-europa/
ILO Kernarbeitsnormen: https://www.ilo.org/berlin/arbeits-und-standards/kernarbeitsnormen/



Kontaktdaten:

Initiative SACHSEN KAUFT FAIR, Willy Vetter , Co-Geschäftsführer Entwicklungspolitisches Netzwerk Sachsen e.V., Kreuzstraße 7, 01067 Dresden, Telefon (03 51) 43 83 78 – 64 | | Mobil 0160-1751369, E-Mail: kontakt@einewelt-sachsen.de, www.sachsen-kauft-fair.de

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