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03.06.2019, Berlin

Interview mit Christian Hoßbach Berliner Vergabegesetz: „Starke Tariftreueregeln sind unabdingbar“

Interview mit Christian Hoßbach
Berliner Vergabegesetz: „Starke Tariftreueregeln sind unabdingbar“

Die novellierte EU-Entsenderichtlinie hat neue Dynamik in die juristische Diskussion um Tarif-treueregeln in Vergabegesetzen gebracht. Der DGB-Bezirksvorsitzende von Berlin-Brandenburg Christian Hoßbach erklärt im einblick-Interview, wie die aktuelle Situation in Berlin aussieht. Dort ist ein neues Vergabegesetz auf dem Weg.

Die Berliner Wirtschaftssenatorin hat einen ersten Entwurf für ein neues Berliner Vergabegesetz vorgelegt. Ist dieser gelungen?

Der Senat bekennt sich im Gesetzentwurf ausdrücklich dazu, dass das Vergabegesetz soziale, ökologische und administrative Ziele verfolgt – das begrüßen wir natürlich. Dass der Vergabemindestlohn gemäß Entwurf auf 11,30 Euro steigen soll, ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu einer Untergrenze, die armutsfest ist. Da voraussichtlich noch einige Monate bis zur Verabschiedung des Gesetzes vergehen werden, sollte der Vergabemindestlohn allerdings schon bis zum Sommer per Verordnung erhöht werden, das kann der Senat machen. Reden müssen wir noch über die Wertgrenzen: dass etwa Leistungen künftig erst ab 10.000 Euro ausgeschrieben werden sollen und alles andere unter dem Radar läuft, würde die Regeln für viele Fälle aushebeln.

Was fehlt aus Sicht des DGB?

Bisher fehlt das Thema Tariftreue im Gesetzentwurf – das muss unbedingt nachgearbeitet werden. Die Senatskoalition zeigt nach unseren Gesprächen aber klare Bereitschaft dazu.

Warum gehören Tariftreueregeln hinein?

Das Tarifvertragssystem muss gestärkt werden, um fairen Wettbewerb und gute Arbeit zu sichern. Tarifflucht und Dumpinglöhne dürfen kein Wettbewerbsvorteil sein. In Berlin sehen wir, wie die geringe Tarifbindung auf die Einkommen drückt.
Warum sehen Juristen in der neuen Entsenderichtlinie gute Chancen für Tariftreueregeln?

Die aktuellen Entwicklungen im EU-Recht haben eine neue Dynamik in die juristische Diskussion gebracht. Die im letzten Jahr revidierte EU-Entsenderichtlinie bringt richtig angewendet neue Spielräume für Tariftreueregeln. Wir haben dazu Ende April einen Fachdialog durchgeführt, der die Bedingungen für die Anwendung von Tarifverträgen nach der angepassten EU-Entsenderichtlinie deutlich gemacht hat.

Es gibt angeblich rund 1000 Vergabestellen in der Berliner Verwaltung. Ist das praktikabel?

Vereinfacht gesagt ist jedes Schulsekretariat die eigene Vergabestelle, eine typische strukturelle Folge von Sparpolitik mit dem Rasenmäher. Hier fehlt Professionalität. Berlin kann aktuell nicht beziffern, wie viele Aufträge überhaupt jährlich vergeben werden. Auch haben die meisten Vergabestellen gar nicht die Kapazität, um die Einhaltung der Vergabebedingungen zu kontrollieren. Das muss durch eine zentrale Kontrollgruppe passieren, die von sich aus tätig werden kann.

Arbeitgeberverbände laufen Sturm gegen das Gesetz. Sie beklagen den hohen bürokratischen Aufwand, damit zum Beispiel Handwerksbetriebe einen öffentlichen Auftrag bekommen. Zu Recht?

Das fällt langsam unter „Täglich grüßt das Murmeltier“. Mit dem Bürokratievorwurf sind Arbeitgeberverbände schon gegen das Mindestlohn-Gesetz Sturm gelaufen. Niemand hat etwas gegen Vereinfachungen. Aber selbstverständlich muss ein Unternehmen im Vergabeverfahren Nachweise liefern, dass es die Leistung erbringen kann, die ein Gemeinwesen ausschreibt – und das gilt einschließlich sozialer und ökologischer Standards.

Wie sieht die Zukunft der Vergabe öffentlicher Aufträge in Berlin aus?

Ich sehe das Land Berlin auf einem guten Weg, die Leitlinie „öffentliches Geld nur für gute Arbeit“ auch umzusetzen. Der absehbare Sprung beim Vergabe-Mindestlohn ist ein Signal. Starke Tariftreueregeln sind unabdingbar – wir wollen jetzt sehen, dass der vorhandene politische Wille in Gesetzesform gegossen wird. Auf die Kontrolle der Standards kommt es dann, wie gesagt, in der Praxis an. Damit alle Vergabestellen die Gestaltungsmöglichkeiten sozial-ökologischer Vergaberegeln auch selbstverständlich ausschöpfen, braucht es an einigen Stellen sicher auch noch einen Kulturwandel, mehr Know-how – und genug Zeit und Personalstellen.

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